Woodkid am Montreux Jazz Festival 2016

Experimentell aber nicht elitär, aufwändig aber nicht abgehoben, gewagt aber trotzdem gängig: Das bärtige Multitalent Woodkid schert sich nicht um Genres und verzauberte so in Montreux das ausverkaufte Auditorium Stravinski. Als Überraschungsgast war eine Elfe dabei.

«Darauf freue ich mich besonders: Der Abend mit Woodkid und seinen Freunden wird etwas ganz Spezielles», hatte Direktor Mathieu Jaton schon vor dem Start des Festivals angekündigt. Schon 2013 war er in Montreux mit Orchester aufgetreten – 2014 hatte er das Festivalplakat gestaltet.

Woodkid alias Yoann Lemoine (33) ist ein Universalkünstler, auch Gestalter, Designer und Regisseur – für Videos von Lana del Rey und Taylor Swift führte er Regie. Sein Soundtrack für Robert de Niros neuen Film «Ellis» erschien letzte Woche.

Musik aus einem Paralleluniversum

Die Erwartungen waren hoch – als der Vorhang sich lüftet, steigen sie noch höher: Denn die Bühne ist eine beige Halbkugel aus transparenten, sechseckigen Waben. Darin das fünfzigköpfige Orchester der Sinfonietta Lausanne, wie alle in weisse Overalls gehüllt. Nostalgische Geigenklänge, futuristische Elektrodrums – ein zeitloser musikalischer Schüttelbecher. Musik aus einem Paralleluniversum ohne Epoche oder Genre.

Das «Holzkind» Woodkid lässt sich in keine Schublade sperren. Trotzdem passt es immer: Ob romantisch, symphonisch verträumt, ob energisch pulsierend, hart und eckig – die Menge lässt sich mitreissen, tanzt und hüpft mit erhobenen Händen, dass man hofft, der Boden des Auditoriums hält.

Elle Fanning als bezaubernde Elfe

Neben dem Orchester aus Lausanne und einem Kinderchor machen Woodkids Freunde mit. Das sind der Sänger und Musiker Ryan Lott, Ed Droste Sänger der US-Indie-Band Grizzly Bear, Gitarrist Rafiq Bathia und Cellospieler Cyrille Lacrouts – und eine elfenartige junge blonde Frau, die zum ersten Mal als Sängerin auf der Bühne steht.

Elle Fanning ist erst 18 und die jüngere Schwester von Schauspielerin Dakota Fanning. Woodkid hat mit ihr vor einigen Jahren ein Werbespot für das Parfumlabel Lolita Lempicka gedreht. Schüchtern, aber bezaubernd singt sie im Duett mit Woodkid, später nochmal in der Zugabe. Das Publikum will Woodkid auch nach Hits «Iron» und «Run Boy Run» nicht gehen lassen – und singt einfach minutenlang weiter, spontan dirigiert vom gerührten Woodkid, der übers hipsterbärtige Gesicht strahlt wie ein engagierter Primarlehrer, der sich über seine Zöglinge freut.

Wer dabei war, wurde vom herzlichen Hipster und seinen Freunden verzaubert – und darf weiter rätseln: War das jetzt Pop, Alternative, Indie, Elektro oder moderne Klassik – oder ganz einfach nur schön? Und speziell, denn diesen für Montreux massgeschneiderten Abend wird es so nie wieder geben.

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