
Seit letztem Jahr ist Winnetou auch in Engelberg zu Hause – bald erleben wir dort sein neustes Abenteuer. An den Proben der Karl-May-Freilichtspiele haben wir ihn getroffen – und auch die hübsche Häuptlingstochter, in die sich der heldenhafte Indianer verlieben wird.
Die Bergkulisse strahlt im Sonnenschein, ganz oben grüssen die schneebedeckten Gipfel, Schulklassen wandern die Strasse lang, und oben schwebt die Gondel der Fürenalpbahn vorbei, von der Felswand plätschert der Tätschbachfall. Da kommt Winnetou angeritten – und auch eine Indianerin schwingt sich aufs Pferd. Wir sind an den Proben zum neuen Winnetou-Abenteuer der Karl-May-Freilichtspiele im obwaldnerischen Engelberg und treffen hier Winnetou-Darsteller und Produzent Tom Volkers sowie die Luzerner Schauspielerin Giusy Bringold – sie wird dieses Jahr im Abenteuer «Winnetou II» die weibliche Hauptrolle spielen. Erstmals stehen die beiden heute in Kostüm und Maske hoch zu Ross auf dem Gelände – für eine exklusive Vorab-Fotosession für event. In wenigen Wochen startet das Spektakel – letztes Jahr fand es erstmals statt und lockte im Sommer über 24’000 Besucher aufs Gelände beim Wasserfall.
event.: Wir sind alle sehr gespannt. Was erwartet uns in Winnetou II?
Tom Volkers: Die Story wird weniger durchschaubar sein als der erste Teil. Christoph Wettstein, den man aus «Ewigi Liebi» kennt, wird mein Gegenspieler sein – und die Leute werden am Anfang der Story nicht genau wissen, welche Aufgabe er in der Geschichte hat. Wir wollen keine Kunstfiguren zeigen, sondern echte Menschen mit Ecken und Kanten. Zudem habe ich versucht, etwas Swissness in die Story zu bringen. Es wird ein Schweizer Auswanderer namens Urs Aschwanden mit von der Partie sein.
Wie eng haben Sie sich in der Geschichte am Original von Karl May orientiert?
Tom Volkers: Ich wollte so nahe an Karl Mays Büchern bleiben wie nur möglich. Natürlich ist das auch subjektiv, ich habe die Weisheit nicht für mich gepachtet. Was Karl May in diesen scheinbar oberflächlichen Geschichten transportiert, hat eben doch Tiefgang. Da er in jedem Buch Werte beschreibt, echte Freundschaft, die nicht auf Materiellem oder Geld basiert, Zusammenarbeit, Integration verschiedener Kulturen und Denkweisen. Auch Werte wie das Übernehmen von Verantwortung sind so aktuell wie schon lange nicht mehr. Aber auch die Lovestory ist zentral.
«Schon als kleines Mädchen war ich in Winnetou verliebt.»
Giusy Bringold, was gefällt Ihnen an der Rolle?
Giusy Bringold: Indianer haben mich schon als kleines Mädchen immer fasziniert. Natürlich habe ich mich damals auch in Winnetou verliebt. So war es gleich sonnenklar, dass ich die Rolle der Ribanna annehmen würde. Ein Freilichtspiel ist eine ganz neue Erfahrung für mich: Spielen unter freiem Himmel, die Zusammenarbeit mit Pferden – so viele neue Komponenten im Vergleich zu einem Bühnenstück oder Film.

Mussten Sie Reitstunden nehmen?
Bringold: Reiten kann ich schon, aber ich habe wieder Stunden genommen, um meinen Stil zu verbessern. Weil ich ein paar Jahre nicht mehr geritten bin, wollte ich einfach auf Nummer sicher gehen.
Verstehen Sie sich mit dem Pferd gut?
Bringold: Es ist noch ein wenig unsicher, aber das wird sich schon ergeben – wir haben bereits in München zusammen trainiert. Es funktioniert immer besser.
Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?
Bringold: Ich lese die Winnetou-Bücher von Karl May, um besser zu verstehen, was er wirklich vermitteln wollte. Tom kann das zwar gut erklären, aber es war mir wichtig, die Storys auch selber zu lesen.
Die Story spielt vor weit mehr als über 100 Jahren – ist das damals gängige Frauenbild noch aktuell?
Bringold: Liebe wird auch in hundert Jahren noch so funktionieren wie heute – oder wie schon damals war. Es ist so einfach und so kompliziert zugleich, und genau das ist es ja, einfach und eben doch komplex und schwierig. Sie sucht sich aber ihre Liebe selber aus und entscheidet selber, wem sie ihre Liebe schenken will. Sie ist eine starke Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.
«Die Zuschauer sollen mit uns in diese Welt eintauchen und die Geschichte mit sich nehmen.»
Was schätzen Sie an der Zusammenarbeit mit Tom Volkers am meisten?
Bringold: Dass ich absolut ehrlich sein kann. Er nimmt Kritik an, ich muss mich nicht verstellen oder die Faust im Sack machen. Ich habe keine Angst, mich einzubringen – obwohl er der Produzent ist und mich gecastet hat – und jederzeit aus der Produktion feuern könnte.
Tom Volkers, was schätzen Sie an Giusy Bringold?
Volkers: Dass sie sich etwas traut. Sie ist eine Macherin, fordert viel von sich selber, ist erfolgsorientiert, ehrgeizig und streng mit sich selber. Aber jetzt wirds interessant: Wir probten gestern eine Szene, bei der plötzlich alles in eine grosse Sensibilität kippte. Wir hatten bei dieser Szene alle Tränen in den Augen, sogar der Regisseur. Da habe ich in ihren Händen erstmals eine Unsicherheit gespürt. Das ist schön, weil Schwäche zuzugeben menschliche Grösse ist. Genau dieser Perfektionismus und die Disziplin sind in diesem Moment gekippt, als ich dachte: Lass los, lass dich führen!
Bringold: Kontrolle abgeben …
Volkers: … genau, die Kontrolle abgeben und vertrauen.
Das tönt gut, Sie erleben hier auch ein eigenes Abenteuer. Offensichtlich ist ganz viel Herzblut mit im Spiel. Was wollen Sie den Freilichtspielbesuchern mit auf den Weg geben?
Volkers: Ich hoffe, dass die Besucher, die zum zweiten Mal kommen, finden: «Hey, das war so schön! Hoffentlich bringen sie im nächsten Jahr eine weitere Geschichte.» Und dass die Zuschauer, die zum ersten Mal kommen, bereuen, beim ersten Mal nicht mit dabei gewesen zu sein. Ich wünsche mir, dass sie die ganze Klaviatur an Persönlichkeiten ins Herz schliessen. Dass sie gemeinsam mit uns in diese Welt eintauchen können – dass sie die Geschichte mit sich nehmen und diese noch einige Tage nachschwingt.
Winnetou-Abenteuer mit Bergkulisse
Am 6. Juli ist Premiere von «Winnetou II – Ribanna und das Kriegsbeil der Poncas» bei den KarlMayFreilicht spielen in Engelberg. Regie: Jean Grädel
Die Besetzung: Als Winnetou wird wiederum Tom Volkers auf der Bühne stehen, der zusammen mit Florian Niffeler als Produzent agiert und das Buch verfasst hat. Wie letztes Jahr dabei sind Christoph Kottenkamp als Old Shatterhand und Eva Holzapfel als «Taube des Westens». Neu dabei sind neben Giusy Bringold in der weiblichen Hauptrolle der Ribanna auch Peter Pfändler – der bekannte Komiker wird hier einen Bösewicht mimen – sowie Christoph Wettstein als Winnetous Gegenspieler Parranoh. Wettstein kennt man unter anderem aus dem Schweizer Erfolgsmusical «Ewigi Liebi», bei dem er nicht minder als 752 Mal auf der Bühne stand.
Die Handlung: Ribanna, Häuptlingstochter der Assiniboins wird von den Kriegern der Poncas bedrängt. Winnetou kann sie retten, und schon bald verlieben sich die beiden ineinander. Für Zweisamkeit bleibt aber nicht viel Zeit, denn der finstere Häuptling der Poncas, Parranoh, schmiedet Pläne, einen Treck zu überfallen.
Die Vorstellungen: Vom 6. Juli bis 12. August 2018 sind 33 Aufführungen geplant – die beiden Tribünen bieten 2000 grösstenteils gedeckte Sitzplätze.
KARL MAY FREILICHTSPIELE
6.7. bis 12.8.18 Wasserfall Engelberg
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