Tim Bendzko 2016
Hat sein neustes Album selbst produziert: Tim Bendzko.

Seit dem ersten Hit «Nur noch kurz die Welt retten» begeistert Tim Bendzko mit seinen deutschsprachigen Songs. Wir redeten mit ihm über sein neues Album, seine kommende Tournee, Peter Maffay und seinen Job als ESC-Juror.

Im Oktober hast du dein drittes Album «Immer noch Mensch» veröffentlicht. Du sagst, das dritte Album sei das wichtigste für einen Künstler. Warum?

Wenn ein Musiker zwei Alben herausgebracht hat und das eine blau und das andere rosa war, dann legt die dritte Farbe fest, was man eigentlich für Musik macht. Ich bin für alle Musikrichtungen offen und auch bereit für musikalische Experimente. Diese kann man aber erst machen, wenn man seinen eigenen Sound definiert hat.

Auf dem Album gibt es nur Klänge von echten, existierenden Instrumenten. Warum?

Wir haben nicht nur echte Instrumente benutzt, sondern auch auf die Computerbearbeitung verzichtet. Ich wollte, dass man die Songs genau so, wie sie auf dem Album sind, mit einer Band spielen kann.

Hast du Angst, mit den deutschen Texten in den Schlager zu rutschen?

Nein. Die Leute schubladisieren zwar gern und sagen, deutschsprachige Musik sei direkt Schlager, aber textlich, gesanglich und musikalisch unterscheidet sich meine Musik davon.

Du hast das Album bei dir zu Hause aufgenommen. Wo ist das?
Tim Bendzko 2016
Berliner: Tim Bendzko ist in der deutschen Hauptstadt geboren und lebt immer noch dort.

Ich wollte mir vor drei Jahren mein eigenes Studio zulegen. Ich hatte zwar einen Studioraum, der war aber zu weit weg von meiner Wohnung. Darum bin ich in ein Haus am Rande Berlins gezogen und habe dort ein Studio eingerichtet. Auf den Bildern im Album ist allerdings nicht mein Zuhause zu sehen, das war mir dann doch zu intim.

Dein Hund Frido hat es auch aufs Albumcover geschafft.

Genau. Das war eher Zufall, Frido war nur dabei, weil er sonst den ganzen Tag alleine zu Hause gewesen wäre. Beim Shooting ist er ins Bild gelaufen. Und die Bilder mit ihm waren am Schluss einfach besser als die Bilder ohne ihn.

Hast du überhaupt Zeit für ihn?

Aktuell gerade wenig, aber er ist in guten Händen. Sonst nehme ich mir viel Zeit, wenn ich ein Album schreibe und gerade nicht auf Tournee oder bei Proben bin.

Du hast Theologie und nicht-christliche Religionen studiert. Wie religiös bist du selber?

Gar nicht. Ich habe das nur studiert, weil es mich interessierte, wie Menschen glauben und warum sie glauben. Wenn man die Nachrichten schaut, wird gefühlt das ganze Weltgeschehen noch von Glaubensfragen gesteuert. Die Menschen sollten doch verstanden haben, dass der Glaube eine private Angelegenheit ist.

Warum verrätst du nichts über dein Privatleben?

Ich sage einfach nichts dazu, weil ich glaube, dass das nicht spannend ist. Viele Journalisten wollen mir immer klarmachen, dass mein Privatleben die Leser brennend interessiert, aber ich glaube das nicht. Es würde wohl einige Illusionen zerstören, wenn die Leute sehen, dass mein Leben genauso langweilig ist wie jedes andere.

Welche Nachricht willst du den Leuten mit deiner Musik mitgeben?

Ich bin nicht der Fingerzeige-Typ, der den Leuten sagen will, was sie denken sollen. Ich packe Emotionen in Lieder und finde es schön, wenn sich Menschen mit den Gedanken identifizieren können.

Wie weit ist die Planung deiner kommenden Tournee?

Aktuell kreisen all meine Gedanken um die Tournee. Sie wird grösser als meine letzte Tournee. Ich möchte bei meiner Party einerseits Intimität wahren, aber es auch krachen lassen können. Mehr verraten möchte ich aber nicht.

Für das neue Tabaluga-Album hast du zusammen mit Peter Maffay den Song «Ich bin Tabaluga» aufgenommen. Wie war das?

Relativ unspektakulär, wir sind uns dabei nicht einmal begegnet. Peter war verhindert. Aber es war toll, einen Überraschungsauftritt bei seiner aktuellen Tabaluga-Tournee zu haben.

Welche Musik hörst du aktuell?

Momentan gar keine. Ich geniesse jede Sekunde Ruhe. Auch während der Albumproduktion höre ich keinerlei Musik, das ist zu gefährlich. Plötzlich kriegt man unbewusst einen Ohrwurm und kopiert einen Track unterbewusst. Das will ich vermeiden. Wenn, dann höre ich Musik bewusst und nicht nebenbei, aber die Zeit dafür fehlt mir momentan.

Hörst du deine eigene Musik?

Nein. Ich bin gerade sehr froh, dass die Albumproduktion vorbei ist und ich die neuen Songs nicht mehr rauf und runter hören muss. Erst nach längerer Zeit höre ich mir meine Sachen an, gerade letztens mein erstes Album. Ist wirklich ganz gut geworden (lacht).

Und wenn deine Songs im Radio gespielt werden?

Zuerst freue ich mich natürlich. Aber wenn andere Leute dabei sind, schalte ich das immer schnell weg. Diese Situation ist mir etwas unangenehm.

Du bist in der Jury für den nächsten deutschen Eurovision-Beitrag. Wäre eine ESC-Teilnahme nichts für dich?

Ich glaube nicht, dass mein Musikstil zum ESC passen würde. Meine Musik ist ja sehr handgemacht. Darum halte ich mich lieber zurück und sitze in der Jury.

Was muss denn ein erfolgreicher ESC-Beitrag haben?

Das ist ja das Lustige: Ich habe auch keine Ahnung! Immer wenn ich den ESC schaue, denke ich, den Gewinner erkannt zu haben. Manchmal ist der Tipp okay, manchmal liege ich total daneben. Nur im Jahr 2012 bei Loreen und ihrem Song «Euphoria» war ich mir ganz sicher.

Da warst du ja auch in der deutschen Fachjury.

Genau, jetzt kann ich’s ja sagen: Damals habe ich die Höchstpunktzahl an die Schwedin vergeben.

Wie nimmst du die Schweiz wahr?

Ich bin immer nur beruflich hier, was sehr schade ist. Aktuell habe ich das Wandern für mich entdeckt. Also muss ich natürlich auch mal die Schweiz zu Fuss erkunden.

Kannst du Skifahren?

Nein. Ich bin Berliner und habe das irgendwie nie gelernt. Ich kenne mich: Am ersten Tag wäre ich noch vorsichtig, aber am zweiten übermütig. Ich habe ein Talent, mir alle Knochen zu brechen.

Wo siehst du dich in 15 Jahren?

So weit plane ich gar nicht. Ich versuche, mich immer mit dem Jetzt zu befassen. Wenn ich aber in 15 Jahren noch Musik machen darf, bin ich ein glücklicher Mensch.

TIM BENDZKO + BAND
Mi 10. Mai 17 Halle 622 Zürich
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