So traditionell sein Instrument, so innovativ sein Geist. JazzVirtuose Till Brönner erobert ständig künstlerisches Neuland. Musikalisch im Duett mit dem Kontrabass-«Monster» Dieter Ilg, aber auch optisch – als begnadeter Fotograf. Wir trafen ihn zum Exklusiv-Gespräch.

2016 erschien ihr letztes Album «The Good Life», mit Songs von Frank Sinatra. Ist schon wieder etwas Neues in Vorbereitung?

Till Brönner: Zurzeit arbeite ich an einem gemeinsamen Album mit dem Bassisten Dieter Ilg. Obwohl wir schon seit fast acht Jahren miteinander auftreten, haben wir das bisher nicht geschafft. 2018 soll es endlich erscheinen.

Sie werden im Januar mit Dieter Ilg auch in Zürich auftreten.

Die Auftritte mit Dieter Ilg sind mir extrem ans Herz gewachsen. Man könnte annehmen, dass Trompete und Kontrabass eine langweilige Veranstaltung werden könnte. Man vergisst, dass es weder Gitarre noch Klavier gibt – und das Publikum schätzt das sehr.

Dieter Ilg hat einen speziellen Stil. Treibt er Sie damit zu Experimenten an?

Ich bezeichne Dieter als Monster am Kontrabass, im positivsten Sinne. Weil es schier unglaublich ist, was er harmonisch und perkussiv aus diesem Instrument herausholt. Ideen, die eine ganze Band ersetzen können. Am Ende des Abends gehe ich jeweils schweissgebadet von der Bühne. Ich lasse alles heraus, was in mir schlummert.

Auf der Bühne verausgaben Sie sich sehr. Brauchen Sie also gar kein weiteres Fitnessprogramm, um in Form zu bleiben?

Tatsächlich ist der Kalorienverbrauch auf der Bühne erheblich. Nein, das Livespielen enthebt mich nicht davon, ab und zu auch mal Sport zu treiben. Yoga ist etwas, das ich überall, auch auf Reisen, praktizieren kann. Bei gutem Wetter gehe ich auch gerne in der Natur joggen.

Vor einigen Jahren wirkten Sie als Juror in der Castingshow «The X Factor» mit, zudem lehren Sie an einer, kümmern sich also um den musikalischen Nachwuchs. Was raten Sie jungen Musikern?

In der Tat begegnen mir relativ viele junge Talente, die sagen‚ «ich möchte es so wie du machen, lieber Till». Ich glaube, dass ich damals in den Neunzigerjahren sehr viel Glück hatte. Damals war die mediale Situation eine andere, Social Media war noch nicht so entscheidend. Heute würde ich einem jungen Jazzmusiker raten, dass er über sein Alleinstellungsmerkmal nachdenkt. Denn es reicht nicht, nur einfach eine gute Ausbildung zu haben. Was einen Musiker von anderen abhebt und wie man dies mit eigenen Mitteln kommuniziert, ist fast einen eigenen Studiengang wert.

Raten Sie jungen Musikern auch, an Talentshows mitzumachen? Warum sind Sie eigentlich damals wieder ausgestiegen?

Damals habe ich bei X-Factor mitgemacht, weil man mir glaubhaft versichert hatte, dass es da um Musik gehen soll – und das hat diese Show auch wirklich geschafft. Damals war das ein Novum, und die Qualität war hoch. Ich konnte dann mit meinen Kandidaten auch zweimal gewinnen. Allerdings habe ich auch gelernt, dass sich das Fernsehpublikum vom Konzertpublikum unterscheidet.

Was ist denn Ihr eigenes Alleinstellungsmerkmal?

Das Alleinstellungsmerkmal von Till Brönner ist vielleicht der Klang. Unabhängig von der Stilrichtung einer Produktion, höre ich mich immer heraus. Am Ende ist es vielleicht gut, wenn man nur zwei, drei Trompetentöne hört – und den Eindruck hat, «Ah, das könnte Till Brönner sein». Dann habe ich eigentlich schon gewonnen.

Der TV-Erfolg garantiert also keinen Bühnenerfolg?

Die Gewinner von Castingshows machen am Ende selten einen Unterschied.

Sie sind mittlerweile auch als Fotograf erfolgreich. Ist das ein Ausgleich zur Musik, oder gibt es Parallelen?

Fotografie und Jazz haben viel gemeinsam. Allerdings lässt mir die Fotografie im Nachhinein noch die Chance zu entscheiden, ob ich zeige, was entstanden ist. Beim Jazz spielen, beim Musizieren auf der Bühne habe ich keine zweite Chance mehr – zumindest nicht für den Rest des Abends.

Sie porträtieren vor allem auch andere Musikstars. Haben Sie da einen besseren Zugang, weil Sie selber Musiker sind?

Fotografieren ist Chemie, die vergleichbar mit der Energie ist, die man auch als Musiker auf der Bühne austauscht. Und weil bei mir Musiker auf Musiker trifft, ist vielleicht auch das Resultat ein anderes. Es ist eine andere Situation, als wenn sich ein Fotograf ankündigt und der Künstler denkt: «O Gott, jetzt habe ich eine Fotosession und muss nochmal gucken, dass meine Haare richtig sitzen.»

Letztes Jahr hat Sie Barack Obama ins Weisse Haus eingeladen. Wie haben Sie ihn erlebt?

Obama ist mit Jazz ganz früh eine Verbindung eingegangen. Er ist mit Jazz aufgewachsen, sein Vater hat ihn damals ganz früh auf ein Konzert von Dave Brubeck mitgenommen. Dies hat Obama sehr verändert. Das hat er mir sehr rührend erzählt. Ich bin mir nicht sicher, ob Donald Trump auch ein Jazzfan ist.

TILL BRÖNNER / DIETER ILG DUO
Mi 31. Januar 18, Kirche Neumünster, Zürich
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