Jojo Mayer ist eine Mensch-Maschine. Der Zürcher Schlagzeuger ist präzis wie ein Schweizer Uhrwerk. Zum Vorbild einer ganzen Generation von Drummern wurde er aber in New York.
In seine Heimat kehrt Jojo nur noch zurück, um mit seiner Drum’n’Bass-Band die Bühne zu rocken. Wie zum Beispiel am 28. September im Zürcher Kaufleuten. Mit im Gepäck: Der neue Dok-Film über den weltweit erfolgreichen Schweizer Drummer.
Vor 27 Jahren hat sich der Schlagzeuger nach New York aufgemacht, um endlich als Musiker ernst genommen zu werden. «Der Beruf des Musikers hat in der Schweiz null Status», sagt Jojo Mayer, während er noch ein wenig verschlafen seinen Cappuccino schlürft. Im Big Apple fühlt sich der gebürtige Zürcher wohl. Bei unserem Treffen im Restaurant Rintintin in Nolita, das übrigens dem Auslandschweizer-DJ Oliver Stumm gehört, macht er einen entspannten Eindruck. «Mein Alltag ist Improvisation. Manchmal hab’ ich eine Woche nichts zu tun. Dann lebe ich wie ein Tourist.» Wenn der Frontmann der Band Nerve aber an seinen Sounds feilt, kennt er keinen Feierabend. «Es kann recht intensiv werden, sodass ich die ganze Nacht durcharbeite. Ich kreiere eine Bubble und krieche hinein.»
Mayers Musikkarriere begann auf dem Schoss seines Vaters. Als 2-Jähriger durfte er zum ersten Mal mit Drumsticks hantieren. Ein Jahr später hatte Klein-Jojo bereits seinen ersten Auftritt als Schlagzeuger – in Hongkong. Damals war sein Vater, Vali Mayer, gerade mit dem amerikanischen Jazz-Musiker Tony Scott als Bassist in Asien auf Tour. Schlagzeugspielen hat sich Jojo selbst beigebracht. Er trommelte einfach zu den Songs seiner Lieblingsbands mit. Durch seine Eltern lernte er die Beatles, James Brown oder Jimi Hendrix kennen. «Ich bin mit Livesound aufgewachsen. Dass morgens um fünf immer noch Leute im Wohnzimmer musizierten, war bei uns zu Hause normal», erinnert sich der Wahl-New-Yorker. Das war prägend. «Ich war besessen von der Musik. Das Schlagzeug war für mich ein Refugium. Alles andere war unwichtig.» Mit 14 Jahren flog Mayer von der Schule. Drei Jahre später ging er mit dem Jazz-Pianisten Monty Alexander auf Tour. In ganz Europa war der Drummer unterwegs. In seinem Heimatland hatte man dafür wenig Verständnis. «Mit der Ignoranz umzugehen, hat mich viel Kraft gekostet. Irgendwann hab ich gedacht: Jetzt muss ich raus.»
Musik-Mekka New York
Also nichts wie weg! «Meine Antenne hat auf New York gezeigt. Denn Jazz, Hip-Hop – fast alles, was mich inspirierte – kam von dort.» Die dortige Szene testete den jungen Schlagzeuger aber erstmal. «Ich bin ein paar Mal auf die Schnauze gefallen, aber von Anfang an haben die Leute gemerkt: ‹Dieser Typ aus Schweden ist wirklich gut›», lacht Mayer.
https://www.youtube.com/watch?v=PspqYMZ-EXA
Video: So geht der berühmte «Mayer Stroke»
Der Drum-Nerd arbeitete weiter an seiner Fertigkeit und entwickelte den sogenannten «Mayer Stroke». Bei dieser Schlagtechnik rollt der Stick über Mittel- und Zeigefinger zum Einer-Wirbel. Mit seinen halsbrecherischen Drum’n’Bass-Beats im 190-BPM-Bereich machte sich Mayer in New York bald einen Namen. Nicht zuletzt dank einem Schlüsselerlebnis: Weil in einem Club die Band ausfiel, sprang die Man-Machine mit ein paar Kollegen ein. «Es war eine totale Kakophonie.» Der Mix aus Jazz und Jungle gefiel. Am ersten Abend kamen 20 Leute, dann plötzlich 400. Medien wie The New York Times feierten die Band, die eigentlich gar keine war. Mayer taufte die Gruppe folglich auf den Namen Nerve und rief die weltweit bekannte Partyreihe «Prohibited Beatz» ins Leben. Nun kamen regelmässig 1500 Leute.
Konzert und Dok-Film
Der Zürcher Drummer hat es geschafft. Von der Entwicklung der Musik ist er aber enttäuscht: «Wir sind stehen geblieben. Kunst und Musik werden ausgebeutet. Die Neugier fällt der Gier zum Opfer.» Das gilt zum Glück nicht für Jojo Mayer & Nerve. Gespannt sein dürfen seine Fans aber nicht nur auf das Konzert am 28. September im Zürcher Kaufleuten, sondern auch auf die Premiere des Dok-Films über diesen aussergewöhnlichen Drummer.