Skurril, skurriler: Jay Kay liebt es aufzufallen. Exaltierte Hüte sind sein Markenzeichen.

Jamiroquai meldete sich unlängst mit ihrem Album «Automaton» zurück. Der Bandleader Jay Kay, der auch ein intergalaktischer Autofan ist, hat für die Tournee hart trainiert. Mit seiner Entourage hält er für mehrere Gigs in der Schweiz.

«Ich liebe Autos. Sie sind zickig und schnell. Eben wie eine durchtriebene Frau, auf die man ständig aufpassen muss. Sie beissen gerne zurück», sagt Jason Luís (Jay Kay) Cheetham, der Kopf von Jamiroquai, über seine zweite grosse Passion, die schnellen Flitzer.

Viele PS, grosse Liebe: Sänger Jamiroquai zeigt gerne seine gesammelten Autowerke
Viele PS, grosse Liebe: Sänger Jamiroquai zeigt gerne seine gesammelten Autowerke

Damit hat sich der britische Jazzfunker seit seiner letzten CD 2010 die Zeit vertrieben. Seine XXL-Garage auf «Horsenden Manor», seinem Anwesen rund eine Stunde von London entfernt, ist mit seinen vierrädrigen Spielzeugen vollgepackt. Darunter sind Modelle, die sogar Formel-1-Fahrer erblassen liessen. Seine Lieblinge tragen Namen wie Aston Martin, Lamborghini, Lotus Mercedes, Porsche oder Ferrari. Auch dabei ist der einzige je gebaute Ferrari in Grün. Wie es sich für einen solchen Fuhrpark gehört, befindet er sich in einer noblen und historischen Umgebung: Jay Kays Reich umfasst 290 000 Quadratmeter. Erbaut wurde es schon 1086, als die normannischen Bezwinger Grossbritannien eroberten. Um die Gärten kümmert sich einer von Englands renommiertesten Landschaftsarchitekten – wie es sich für einen Platten-Multimillionär halt ziemt. Zu diesem Paradies gehört ein Mega-Pool, ein eigenes Pub, ein Heliport – selbstverständlich besitzt Jay Kay ein Helikopter-Brevet. Das Wichtigste, ein Hightech-Aufnahmestudio, ist in einer umgebauten Scheune untergebracht.

Trotz dieser modernsten Einrichtungen bleibt «Horsenden Manor» idyllisch wie eine Touristenpostkarte. Da residieren Schwäne, Vögel aller Art, die Katzen Fritz und Tigger sowie seine treuen Schäferhunde Titan und Kruger.

«Es fällt mir unglaublich schwer, den Fuss vom Gas zu nehmen.»

Auf seine PS-starken Boliden ist Jay Kay so stolz, dass er diese ganz und gar nicht vor der Öffentlichkeit versteckt. Gezielt setzt er sie in seinen Clips ein, zum Beispiel im Hitvideo «Cosmic Girl» aus dem Album «Travelling without Moving» von 1996. Dort liefern sich ein schwarzer Ferrari F355 Berlinetta, ein F40 sowie ein violetter Lamborghini Diablo SE30 Jota ein turbulentes Rennen in der Wüste und auf Bergstrassen. Ein surreal schöner Musiktrailer. Jay Kay erinnert sich: «Zum dreissigsten Geburtstag des Diablo produzierte Lamborghini drei Sonderausgaben, eine davon war ein Jota 600 Brake-Car, nicht strassentauglich. Ich sagte der Filmcrew: Fasst es nicht an, bis ich dort bin. Wir können uns keinen Schaden leisten!» Doch er stiess auf taube Ohren. Bei einer Testfahrt passierte das Malheur: Der Fahrer steuerte den Wagen gegen eine Kamera und demolierte die vordere Windschutzscheibe. Das sorgte für viel Wirbel.


Am Ende fuhr Jay Kay selbst den lädierten Diablo, wenn auch mit zusammengekniffenen Augen, getreu dem Motto: The show must go on. Seine Liebe für heisse Autos brachte dem 47-Jährigen schon früh viel Ärger ein. Mehrmals musste er seinen Führerschein abgeben. «Es fällt mir unglaublich schwer, den Fuss vom Gas zu nehmen», sagt er und doppelt nach: «Das Justizsystem hier in England bringt mich echt auf die Palme. Es kommt vor, dass ein Vergewaltiger mit vier Jahren Knast davonkommt, während ein kleiner Einbrecher sechs Jahre bekommt. Fahre ich 30 km/h zu schnell, ohne dabei jemanden zu gefährden, wird mir mein Ausweis für drei Jahre abgenommen, und ich muss drei Monate in den Knast. Das ist doch gar nicht richtig!»

Trotz Bussen und Ärger, Jay Kay kann die Finger von seinen Spielzeugen nicht lassen. Einer seiner neuesten Errungenschaften ist ein Hybrid-Porsche 918 Spider: «Was für ein Superauto. Ich besass einmal den allerersten Porsche, der je gebaut wurde, einen sehr alten 356er, und jetzt habe ich den allerneusten!», erzählt der Brite stolz. «Nichts gegen meine Ferraris, in die bin ich nach wie vor verliebt, aber die springen halt oft nicht an. In den Porsche setzt du dich – und fährst los.»

«In den vergangenen Wochen haben wir uns den Arsch abgeprobt, damit alles geschmeidig läuft.»

Heisse Grooves: Der Song «Cloud 9» aus «Automaton» ist der perfekte Soundtrack für die erste Sommerparty oder eine gemütliche Sonntagsfahrt. 
Heisse Grooves: Der Song «Cloud 9» aus «Automaton» ist der perfekte Soundtrack für die erste Sommerparty oder eine gemütliche Sonntagsfahrt.

Momentan hat der exzentrische Sänger wenig Zeit für seine Ferraris, Porsches und Co. Die Musikmaschinerie läuft, sein achtes Studioalbum «Automaton» ist erschienen. Auch in diesem bleibt er seiner futuristischen Linie mit jazzigen Elementen treu. Ein lässiges Werk für Träumer, Nachtschwärmer und Discotänzer. Hundertprozentiges Jamiroquai-Feeling eben. Es war kein einfacher Wurf, für den Erfolgsverwöhnten. Schon sein Debütalbum «Emergency On Planet Earth» schlägt 1993 ein wie eine Bombe, landet auf Platz eins der englischen Charts und erreicht Platin. 1996 gelingt ihm mit «Travelling Without Moving» ein grosser Coup. Es ist bis heute die meistverkaufte CD aller Zeiten. Die Band startet damit in den USA durch, gewinnt die MTV Music Awards. Der schlanke Hitschreiber lebt danach weiter auf der Überholspur. 1999 erscheint das Album «Synkronized», 2001 der Megaseller «A Funk Odyssey», 2005 «Dynamite», 2010 «Rock Dust Light Star». Trotz Erfolg, Jay Kays Leben ist so abenteuerlich wie eine Achterbahnfahrt. Kurz nach der Veröffentlichung von «A Funk Odyssey» outet er sich und spricht über seine Drogenprobleme: «Kokain ist im Showbusiness allgegenwärtig. Es ist schwer, davon loszukommen. Mein Arzt, den ich wegen Halsschmerzen aufsuchte, meinte, wenn ich meine Karriere zerstören wolle, solle ich nur so weitermachen.» Trotzdem verläuft sein Leben nicht ruhiger, im Gegenteil, Ende 2007 schreiben britische Medien, Jay Kay langweile das Showgeschäft, er sei ausgebrannt. Er wolle sich zurückziehen und eine Familie gründen.

Ein hocherfreuter Knabe auf Tournee

Ein Sabbatical holt ihn aus dem Tief heraus. Inzwischen geht es wieder aufwärts. Zusammen mit seinem langjährigen Bandkollegen und Songschreiber Matt Johnson bringt der zweifache Papi von Paula und Talullah sein achtes, lang erwartetes Studioalbum «Automaton» heraus. Mit dem neuen Material reist er durch die Welt. Damit es auf der Bühne rund läuft, war der 47-Jährige vorab sehr tüchtig: «In den vergangenen Wochen haben wir uns den Arsch abgeprobt, damit jetzt auch wirklich alles geschmeidig ist. Wir haben ein paar frische Jungs in der Band und viele neue Songs, da ist man schon ganz ordentlich nervös. Und was soll ich noch dazu sagen? Ich bin ein hocherfreuter alter Knabe!»

JAMIROQUAI
Di 18.7.17, Moon & Stars Locarno
Do 20.7.17, Paléo Festival NyonSa
18.11.17, Hallenstadion Zürich
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