Geboren im Iran, aufgewachsen in Deutschland: Enissa Amani lebt im Gegensatz.

Schon als kleines Kind musste Enissa Amani mit ihrer Familie aus dem Iran nach Deutschland flüchten. Dort erwarteten sie Gegensätze: Sie wuchs in Frankfurt am Main, der Stadt des Kapitalismus, und mit Eltern mit kommunistischem Gedankengut auf.

Und genau diese Gegensätze sind unter anderem Thema in ihrem neuen Programm «Mainblick». Eigentlich wolle sie ja ständig politisch aktiv sein, anderseits hätte sie auch gerne einfach die neusten und coolsten Produkte. Wir trafen die Deutsch-Perserin zum Interview.

Warum heisst dein neues Programm «Mainblick»?
Erstens ist es eine Anspielung auf meine deutsche Heimatstadt Frankfurt am Main. Und zweitens gebe ich darin meine Sichtweise wieder, also «Mein Blick». Ich mag so lustige Programmnamen nicht, ich wollte eher etwas wie einen Buchtitel.

Was ist dir wichtig im Programm?
In erster Linie möchte ich den Leuten einen tollen Abend bieten. Zudem baue ich im Programm gesellschaftskritische Themen ein, so wird mein Programm halb Comedy, halb Kabarett.

Wie viel ist improvisiert?
Viel, ich liebe Improvisation. Das ist ja der Live-Effekt, sonst könnte man sich das Ganze ja im Fernsehen anschauen.

Was gefällt dir am Job besonders?
Für mich ist es das Grösste, wenn mich andere Comedians anrufen und mich fragen, ob ich für sie etwas zu einem bestimmten Thema schreiben kann. Ich musste mir meinen Namen schon erkämpfen, ich war vielen Vorurteilen ausgesetzt. Alleine schon durch mein Aussehen, meine Kleidung oder durch meine Teilnahmen an Miss-Wahlen belächelten mich die Leute. Aber ich bekomme oft die Rückmeldung, dass ich sie überrascht hätte. Dass eine Frau, die sich gerne schminkt und sich so wie ich anzieht, gerne liest, passt nicht ins Schubladen-Denken vieler Menschen.

Du nimmst auch bei politischen Themen kein Blatt vor den Mund.
Nein, warum auch? Das mögen die Leute an mir. Ich stehe zu meinem Standpunkt und meiner Meinung. Als ich einmal bei Markus Lanz war und meine Meinung zur iranischen Regierung gesagt habe, meinten einige: «Du hättest ja nicht gleich sagen müssen, dass das schlimme Barbaren sind.» Ich sage also meine Meinung, aber auf eine lustige Art. Ich will ja nicht wie ein Lehrer erklären, wie die Leute im Publikum ihr Leben zu leben haben.

«Ich bin keine politische Journalistin, sage aber trotzdem, was ich denke.» – Enissa Amani

Darfst du überhaupt noch in den Iran einreisen?
Ich weiss es nicht. Das letzte Mal war ich vor zehn Jahren im Iran, da lief alles gut. Aber ich bin ja keine politische Journalistin, sage aber trotzdem, was ich denke. Ich weiss gar nicht, ob ich mich traue, in den Iran zu reisen. Es kann alles gut gehen, aber sie könnten mich auch für gewisse Aussagen festhalten. Die Willkür ist gross.

Ein Teil deiner Familie wohnt dort.
Ja. Ich konnte beispielsweise nicht zur Beerdigung von Oma und Opa, weil ich nicht wusste, ob alles glatt geht. Trotzdem: Ich fühle mich jetzt nicht so, als hätte man mir die Heimat genommen. Im Iran habe ich meine Wurzeln, in Deutschland bin ich zu Hause.

Wie kamst du in Kontakt mit Comedy?
Ich hatte mit Comedy und Kabarett nichts am Hut. Ich kannte den Kabarettisten Volker Pispers, den ich bis heute super finde, und dann kannte ich Bülent Ceylan und Kaya Yanar aus dem Fernsehen. Ich hatte auch nie ein Comedy-Programm gesehen. Ich merke heute immer noch, dass ich es mag, wenn Menschen mögen, was ich schreibe. Und auf der Bühne ist es ja dasselbe.

Warst du schon als Kind der Pausenclown?
Ich war das gar nicht. Ich plapperte viel, aber ich war nie die, die gerne Witze erzählt. Aber oft sind die Leute, die in der Schule oder unter Freunden sehr lustig waren jene, die das auf der Bühne gar nicht können. Ich komme ursprünglich vom Schreiben. Inzwischen mache ich auch viel für andere Komiker, und für meine eigene Show war ich leitende Autorin. Von daher kommt die Liebe zum Erzählen.

Was ist das Lustigste an der Schweiz?
Natürlich mal der Dialekt, der ist total süss. Und ich hatte mal ein Erlebnis:  Ich verlose für jeden Auftritt auf Instagram ein Meet & Greet. Und da war ich letztens auf einem Flug innerhalb Deutschlands und mich spricht einer an: «Hey, ich habe das Meet & Greet mit dir in Zürich gewonnen, können wir jetzt schon das Foto machen?» Das war ein lustiger Zufall. Ich meinte dann: «Ja, jetzt brauchst du das Meet & Greet ja gar nicht mehr.» Aber das bekommt er natürlich trotzdem.

ENISSA AMANI LIVE «MAINBLICK»
22.09.17, Theater Spirgarten Zürich
23.09.17, Rhypark Basel
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