«Call it what it is» heisst das neue, langerwartete Album von Sänger Ben Harper (46) und seiner Hausband The Innocent Criminals. Reggae-Fan Harper hat die Welt neun Jahre auf diese Wiedervereinigung warten lassen. Das Warten hat sich gelohnt: Harpers neues Album ist ein Paukenschlag. Im Folk-, Reggae- und Rock-Gewand prangert der engagierte Sänger, der sich in seinen bisherigen Alben meist durch viel Optimismus auszeichnete, die in den USA immer noch omnipräsente Gewalt gegen schwarze Mitbürger an.
«They shot him in the back, now it’s a crime to be black», singt der mehrfache Grammy-Gewinner Ben Harper im Titelsong «Call it what it is» seines gleichnamigen, neuen Albums. Harper bezieht sich ganz direkt auf einen Vorfall in den USA, wo ein schwarzer Bürger von einem Polizisten mit einem Revolver erschossen wurde, ohne ausreichenden Tatverdacht.
Ben Harper, Ihr neues Album ist vielseitig – da ist Reggae, Blues und Rock drin – und heisst «Call it what it is» – sag, wie es ist. Ist das ein generelles Statement von Ihnen, die Dinge beim Namen zu nennen, oder geht es Ihnen wie im Titelsong darum, den Rassismus in den USA anzuprangern?
Es ist beides. Es geht mir tatsächlich darum, die Dinge beim Namen zu nennen, und vor allem ein Spotlight auf die aktuellen Umstände zu legen, zum Beispiel auf die Kontrolle der Waffen in den USA und wie wir damit umgehen.
Was glauben Sie, wie die Wahlen in den USA ausgehen?
Ich hoffe, dass Hillary Clinton gewinnt.
Was ist momentan Ihre grösste Sorge, was die Welt betrifft?
Mein grösstes Anliegen ist female empowerment. Es ist wichtig, dass wir Frauen mit Macht ausstatten. Deshalb hoffe ich auf Hillary Clinton als Präsidentin.
Wie ist es, nach neun Jahren erstmals wieder mit Ihrer Band, den Innocent Criminals, zu spielen?
Oh, es ist die beste musikalische Zeit meines Lebens! Unsere Songs haben jetzt mehr Dringlichkeit, mehr Energie, es gibt so vieles, was wir jetzt neu und besser machen.
Könnte man sagen, Sie sind jetzt auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere angekommen?
Ich hoffe, das ist noch nicht der Höhepunkt. Ich bin nicht in der Stimmung, um nach dieser Tour schon runterzuschauen! Ich hoffe, es geht von hier aus immer weiter und bleibt interessant.
Sie sind ein grosser Reggae-Fan und ihre Musik ist von Reggae durchdrungen. Was fasziniert Sie so an diesem Musik-Genre?
Reggae war die erste Musik, die ich gehört habe als Kind, und es war für mich damals, als erhalte ich eine Nachricht aus dem All. Da wusste ich, ich will irgendwann ein Teil von dieser Musik sein. Wissen Sie: Bob Marley war der erste schwarze Punk-Rocker, der erste schwarze Revoluzzer. Reggae ist eine Musikrichtung, die für mich tiefer ist als alle anderen Musikrichtungen. Das ist auch sehr spirituelle Musik. Es kann sein, dass mein nächstes Album ein reines Reggae-Album sein wird.
Werden Sie dann dieses Album auf Jamaika aufnehmen?
Oh nein, ich bin kein Traditionalist oder Nostalgiker und komme auch nicht aus Jamaika. Ich bin ein Junge aus Südkalifornien. Aber meine Eltern haben mich mit Reggae geradezu infiltriert: Von Bob Marley hatten wir zuhause die Platten «Burnin’», «Catch a fire», «Kaya», aber auch Alben von Toots and the Maytals und natürlich Jimmy Cliff mit «The Harder They Come».
Sie haben mal gesagt, John Lennon und Bob Marley hätten es geschafft, Musik und kulturelles Bewusstsein zu verbinden.
Ja, dazu stehe ich immer noch.
Versuchen Sie auch, mit Ihrer Musik das Bewusstsein der Hörer zu erhöhen?
Ich kann nicht das Bewusstsein der Hörer erhöhen, aber ich versuche, aus mir die bestmögliche Musik herauszuholen – und wenn das den Menschen gute Energie gibt, freut mich das enorm.
BEN HARPER & THE INNOCENT CRIMINALS
03.10.16, Volkshaus Zürich
06.10.16, Arena Genève
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